4. April 2024

Koh Libong

Nach Koh Lanta experimentierten wir mit dem Abenteuer. Wir wollten eine weniger touristische Insel aufsuchen und wägten zwischen verschiedenen Möglichkeiten ab. Noch vor Koh Lanta war Koh Phayam kurz im Rennen um uns dort mit Dierk, Johanna und Frieda zu treffen. Aber da wir alle mit unseren Babys unterwegs waren, schreckten uns einige Blogs dann doch ab, die berichteten, dass es dort nur selten Klimaanlagen und auch nicht immer Strom gibt. Das wirkte auf uns alle dann doch zu abenteuerlich. So wurde es für das Get Together also Lanta. Da wir dort im Norden untergekommen waren, und Täschi und mir zwar die Unterkunft, aber nicht das Ambiente der Umgebung gefielen, machten wir uns also auf die Suche nach dem Sweet Spot zwischen Realness und Tourismus, den wir auf Libong dann auch fanden.

Viele Inseln

Auf der Suche nach Zielen wälzten wir also wieder einmal Reiseberichte. Fakt: es gibt viele Inseln in und um Thailand. In die engere Auswahl kamen Koh Yao Noi, Koh Libong und Koh Lipe. Eigentlich hatten wir uns schon auf Yao Noi eingeschossen, aber wir waren offensichtlich mal wieder zu spät, respektive zu speziell, mit unserer Buchung der Unterkunft. Es gab nämlich weder auf Yao Noi, noch auf Lipe überhaupt irgendwelche Treffer für unseren Reisezeitraum. Und egal wie wir es drehten und wendeten, egal ob frühere An- und Abreise oder gar eine ganze Woche später, es gab nichts für uns zu holen. Auch auf Libong gab es nur einen Treffer, das Andalay Beach Resort. Später haben wir dann rausgefunden, dass es v.a. damit zusammenhängt, dass die Suchmasken der meisten Anbieter (Agoda und Booking vornehmlich) mit unserer Anfrage für zwei Erwachsene, ein Baby und ein Kleinkind etwas überfordert sind: Man kann meistens nicht gut genug spezifizieren, welche Bettkonstellation man mit dieser Reisegruppe sucht, und wenn man es denn kann, ist man auch darauf angewiesen, dass die Hotels ihre Zimmer auf den Plattformen richtig eingepflegt haben. Dementsprechend fallen auch einfach sehr viele potentielle Treffer raus. Mit diesem Wissen hätte es vielleicht auch auf Yao Noi geklappt, aber so wurde uns wiederum die Entscheidung abgenommen und wir machten uns auf den Weg nach Libong.

Eine Seefahrt

Koh Libong ist schon mal so urig, dass es keine reguläre Fähre gibt, die einen übersetzen kann. Die Möglichkeiten beschränken sich auf Speedboats und eine Taxifahrt mit anschließendem Longtail Boat. Da die Reviews der Speedboatanbieter und Täschis Erfahrungen mit dem Komfort einer Speedboatreise beide eher durchwachsen waren entschieden wir uns für den zwar etwas längeren Trip mit dem Taxi, der aber wiederum auch deutlich günstiger war. Von Lanta dauerte der ganze Weg etwa vier Stunden. In Baan Chao Mai wurde die Reisegruppe dann auf besagtes Longtail Boot verladen. Das kam uns sehr entgegen, da Nimue ohnehin schon seit Tagen bei jedem Boot, das sie gesehen hatte verlangte, dass wir endlich einmal “Segelboot” fahren müssen (jedes Boot ist ein Segelboot). Sie genoss die Überfahrt dann auch sichtlich. Auf Libong wurden wir dann auf die Ladefläche eines Pickup verladen, der uns an das andere Ende der Insel brachte. Schon auf dieser kurzweiligen Fahrt begrüßte uns der urige Charakter der Insel. Es gibt diese eine Straße, ein Dorf in der Mitte der Insel und ansonsten noch 2 Hüttenansammlungen an jedem Ende der Insel. Das Inselleben wirkte gleich sehr echt auf uns, abgesehen von der Anlegestelle gab es keinen Tourineppladen zu sehen, es gibt keinen 7Eleven, es gibt keine Tankstelle, nur das echte Thai Benzin aus der Colaflasche. Ich glaube auch, dass es nur zwei Autos auf der Insel gibt, ansonsten besteht der Verkehr aus Rollern und Tuktuks.

Im besten Hotel am Platz

Tatsächlich gibt es auch nicht viele Unterkünfte auf Libong und das Andalay Beach Resort ist das einzige Hotel auf der Insel, das einen (bzw. genaugenommen zwei) Pools hat. Leider kam uns das gelegener als wir hofften, da bei unserer Ankunft das Meer leider v.a. quallig war. Das Resort ist mit seinen Hüttchen, den Pools, dem Restaurant am Strand und seiner Einrichtung mit viel Holz richtig schön anzusehen, die Instagramability ist enorm hoch. Dafür berappt man natürlich auch den einen oder anderen Rappen, preislich liegt das schon weit vorne. Und dafür bekommt man wiederum bis auf die Optik nicht so richtig hohe Qualität geboten, insbesondere beim (teuren) Essen ist das schon fast frech. Zum Glück schaffen da aber die Restaurants außerhalb (die man in genaugenommen 2 Minuten, na gut, lass es 10 mit den Kindern sein) zu Fuß erreicht, großartige Abhilfe. Wahnsinnig leckeres Essen für n Appel und ein Ei. Inklusive Abenteuer sind auch immer mal wieder Stromausfälle und Internetausfälle, aber dafür ist man ja nach Libong gekommen. Stromausfall morgens beim Frühstück und man bekommt keinen Kaffee ist allerdings schon nah an Folter.

Reisedepression durch Kinder

Vielleicht durch die Entschleunigung und Reizunterflutung hatte ich nach ca. 3 Tagen auf Libong allerdings mit starkem Reiseblues zu kämpfen. Da es hier tatsächlich nicht viel zu tun gibt, hatten wir gefühlt nach einem Tag mit dem Roller die gesamte Insel abgegrast. Das Meer blieb uns ja auch zunächst verwehrt und es gibt nicht mal einen Geocache auf der Insel. Daher hatte ich einen Tag richtig miese Laune bzgl. der Tatsache, dass ich mich so gefangen fühlte. Irgendwie war das eigentlich wieder die Urlaubsart, auf die ich so richtig Bock hatte, andererseits nagte das Gefühl an mir, dass ich diesen Abenteuerwunsch aufgrund der Kinder hier nicht ausleben konnte. Ständig plärrt das Baby wegen irgendwas, wenn man dann aber bspw. abends mit dem Roller umherfährt kann man auch nicht halten, ohne von Mücken gefressen zu werden, um ihm das Maul mit der Brust zu stopfen. Also eilt man sich mit dem strampelnden Baby in der Trage wieder in die Unterkunft. Nimue wiederum musste gefühlt rund um die Uhr mit Kleinkind-Theater beschäftigt werden, was auch nicht bedeutet mit der Machete wilde Dschungeltouren zu unternehmen. Tagsüber ist es in der Mittagszeit furchtbar heiß, am besten sitzt man diese Zeit also im klimatisierten Zimmer aus, dort tanzt Nimue dann aber auf dem Tisch wegen Unterbeschäftigung. Nael schläft in der Zeit. Wenn man dann irgendwann Nimue dann so runtergefahren hat, dass sie doch endlich zum Mittagsschlaf einschläft, ist Babymann wieder wach und plärrt wegen irgendetwas. Wenn dann abends die Temperaturen zur Aktivität einladen, ist es (oh Wunder) dunkel. Da fährt man dann auch nicht mit der gesamten Familie auf dem Roller die Feldwege entlang und jagt alle über den wurzeligen Dschungelboden. Das führte bei mir zum Meltdown, dass ich kurz davor war den Urlaub abzubrechen. Einzig, dass es von hier aus auch wiederum ein riesig großer Aufwand wäre nach Bangkok zu kommen hielt mich davon ab unmittelbar die Rückreise anzutreten.

Unverhofft, ohne dass ich danach gesucht hätte, kam aber Hilfe von unerwarteter Seite: im Rahmen der “April Cools”, haben einige Blogger die Tradition gestartet, über Themen zu schreiben, über die sie sonst nicht schrieben. Lange Kette glücklicher Umstände, am Ende stand ein schnell heruntergeladener Erziehungsratgeber namens “Hunt. Gather. Parent.” Schon der Prolog sprach mich an, da ich meine Gefühle über das Elternsein 1:1 Beschreibungen der Autorin wiederfand (nicht nur auf den Urlaub bezogen). Ich bin zwar während ich dies schreibe erst bei einem guten Drittel des Buches angekommen, aber tatsächlich schöpfte ich aus ihren Ideen erstmal wieder Motivation und v.a. die Hoffnung, dass das Elterndasein echt nicht komplett ätzend sein muss. Die Quintessenz (die den langen Beschreibungen der im Buch enthaltenen Erziehungsideen natürlich überhaupt nicht gerecht wird) ist aber salopp: das Kind einfach auch mal komplett ignorieren. Wenn das Buch es dabei schafft, das man sich nicht komplett schlecht fühlt: why not? Jetzt ist meine Erfahrung mit diesem Erziehungsansatz erst einen Tag alt, aber jungejunge, hat es mental heute für mich einen Riesenunterschied gemacht oÔ. Heute gab es viel weniger Zinober und Diskussionen, krass!

Ausflugstage

Koh Libong fällt auf durch exakt nichts. Standesgemäß mieteten wir uns wieder einen Roller, um die Topspots der Insel abzuklappern. Auf meinen Openstreetmaps Karten war als eine der Sehenswürdigkeiten “Fishermen hut on the river” markiert. Vielversprechend. Google spuckte noch ein paar grandiose Highlights mehr aus, die ähnlich atemberaubend daherkamen. Unsere Tage auf Koh Libong gestalteten sich also folgendermaßen: Frühstück mit Hoffnung auf Kaffee. Anschließend Poolzeit bis ca. 13 Uhr. Täschi die Rettungsschwimmrakete brachte mir dann den Kopfsprung bei. Ich kann mit 37 Jahren jetzt also endlich einen Köpfer. Zeit den Fahrtenschwimmer nachzuholen, aufgrund dieser massiven Skilllücke war bei mir nach dem Freischwimmer schon Schluss.

So plusminus gegen 13 Uhr versuchten wir dann der drückenden Schwüle im Zimmer zu entkommen und gleichzeitig die Kids zu einem Mittagsschlaf zu überreden. Das hat mal funktioniert, aber an den meisten Tagen nicht. Entweder wollten sie nicht gleichzeitig schlafen oder Nimue wollte gar nicht schlafen. So ab 15-16 Uhr trauten wir uns dann raus in die Glut und schwangen den Poppes auf die aufgeheizte Sitzfläche des Rollers. Oft gab es dann auch direkt das Mittag-/Abendessen direkt vorm Hotel. Anschließend heizten wir zu einer der grandiosen Sehenswürdigkeiten.

  • Dorf: wir schauten uns den “Supermarkt” in der einen Hüttenansammlung an, die sogar als Dorf qualifizierte. Der war enttäuschend, es gab nicht einmal Snickers, damit war die gesamte Insel als snickersfrei identifiziert. Nachdem es schon keinen Geocache gab ein harter Schicksalsschlag. Das Essen in dem einen auf Google verzeichneten Restaurant war leider nicht besonders lecker, trotz der unzähligen guten Bewertungen. Man hält sich also doch besser an die drei Restaurants vorm Hotel. Aber in dem Dorf konnte man sich immerhin verfahren, wir haben es fast bis zur berühmten “Fishermen hut on the river” geschafft, aber es wurde schon dunkel und der Tank leerte sich.
  • Stonebridge: ein vom Wasser unterspülter Felsen am Strand. 10/10, war schön, wenn auch sehr belebt. Kleine Wanderung durch den Dschungel dorthin, die Strecke war auch sehr schön: eine sehr enge Straße durch den Urwald, ein bisschen bergauf und -ab. Kann man empfehlen. Zur richtigen Jahreszeit kann man vielleicht sogar den Sonnenuntergang durch den Bogen fotografieren.
  • Dogong Bridge: auch im Dorf, ein sehr langer Steg mit Aussichtsplattform am Ende. Da wir aber schon wussten, dass die Dogongs ausgeflogen waren sparten wir uns die Wanderung ans Ende des Stegs und betrachteten ihn nur von unserem schlechten Restaurant aus.
  • Anderes Ende der Insel: hier legen die Longtailboote an. Interessante Hüttenkonstruktionen und Stege, die zu den hinteren Hütten führen.
  • Thung Ya Ka Beach: Ein Strand, der echt schön sein könnte. Bisschen weiter die Straße entlang von der Stonebridge aus. Leider sieht man vor lauter Müll den Strand nicht. Da es kein schattiges & schönes Plätzchen für uns gab, blieb es bei ner Cola und wir haben den Rückweg angetreten.
  • Bird Watch Adventures: eine Buckelpiste aus Sand führte beinahe zu Täschis Ableben vor Aufregung. Sie führte auch zu einem mystischen, moorartigen Gebiet mit vielen toten Bäumen. Sie führte auch durch die lokale Müllverbrennungsanlage. Der Ausflug war eine Wundertüte und ein Abenteuer. Nur Vögel haben wir nicht gesehen.

Andere Gäste erzählten noch von einer Fledermaushöhle und einem sehr schönen dazugehörigen Aussichtspunkt. Aber es klang nach sehr gruseliger Kletterpartie mit garantierten Schnitt- und Schürfwunden samt Infektion durch Fledermausscheiße. Das wollten wir Nimue nicht antun, wobei ich auf der anderen Seite ihr mal eine echte blutende Wunde gezeigt hätte, damit sie nicht unseren Pflastervorrat plündert. Jeden Abend müssen mindestens 2 Pflaster auf “Verletzungen” geklebt werden.

Würden wir es wieder tun?

Gerade, da ich diese Zeilen schreibe, und wir nach einem 7 h Höllenritt wieder auf Koh Samui angekommen sind: ja, eigentlich schon. Der Bericht liest sich aufgrund meines Hangs zum Sarkasmus sehr negativ, aber eigentlich war Koh Libong eine verrückte Abwechslung zu den ansonsten sehr erschlossenen Inseln, die wir besuchen durften. Hier auf Samui ist es jetzt wieder laut, der Verkehr ist definitiv vorhanden bis unangenehm, das Essen teuer und alles auf Touristen eingestellt. Auf Libong machte es richtig Spaß zigmal diesselbe gepflasterte Inselstraße hoch und runter zu heizen und dabei immer neue verrückte Details am Wegesrand zu entdecken. Der Internetausfall mitsamt den Krisenkindern hat mir einen sehr interessanten pädagogischen Ansatz schmackhaft gemacht. Die Gastgeber in den Restaurants waren ehrlich herzlich und interessiert. Die Sonnenuntergänge waren fantastisch. Gut, das Meer war während unseres Aufenthalts quallig, aber der Pool hat es auch geregelt. Es war einfach ein echterer Eindruck, wie so eine Insel aussieht, wenn sie nicht Touristenhochburg ist. Eine Familie reiste einen Tag vor uns auf eine noch kleinere, unberührtere Insel. Weiß ich nicht, ob ich so eine mit unseren Kids derzeit anpeilen würde. Wenn es nicht mal eine Straße gibt, auf der man mal ne halbe Stunde herumcruisen kann…keine Ahnung. Aber Koh Libong war schon eine schöne Episode, auch wenn wir keinen Dugong Ausflug mit dem Boot gemacht haben.